Rückenschmerzen im Alltag - Thema: Angst

Rückenschmerzen und Angst

Es ist wichtig, dass du dich wohlfühlst. Gerade, wenn du Schmerzen hast. Das gilt für deinen Körper, deine Umgebung und die Menschen, die dich umgeben.
Besonders bedeutend ist es, dass du dich abgeholt fühlst und den Personen vertraust, die dich in diesem Zusammenhang begleiten, sei es im Rahmen von Behandlung, Therapie, Training, Coaching etc. Denn neben Diagnose und Prognose ist es für dich vor allem entscheidend, welchen Einfluss du durch körperliche Aktivität und dein alltägliches Verhalten ausüben kannst.

Angst gilt per Definition als beklemmendes, banges Gefühl, bedroht zu sein. Damit ist es eine Reaktion des Nervensystems auf eine bedrohliche Situation. Sie zeichnet sich aus durch Vermeidungs- und Fluchtverhalten und oftmals sogar durch Abwehr.

Was passiert dabei genau im Gehirn?
Gefahr und Bedrohung wird in der Amygdala eingeschätzt und entsprechend eine Angstreaktion ausgelöst. Der Thalamus skizziert dabei die Situation und gibt damit eine Grobeinschätzung. Die detaillierte Analyse erfolgt über die langsamere Verbindung des Thalamus über den Neocortex und Hippocampus. Wenn du im Wald auf einen langen rundlichen Gegenstand trittst, ist die erste schnelle Reaktion das Ausweichen und Hochziehen des Beines. Erkennst du den Stock, beruhigst du dich wieder. Erkennst du eine Schlange, führt es zur Flucht oder zum Erstarren.
Dieses Beispiel macht deutlich, dass die automatischen Reaktionen und Verhaltensweisen unser Überleben sichern. In Deutschland wird die Reaktion bei einer Schlange zu dem anders ausfallen als in Australien – denn zusätzliche Informationen und Erfahrungen spielen eine wichtige Rolle. Da es in Deutschland kaum giftige Schlange gibt, wird unsere Angst geringer sein, als wenn wir in Australien in derselben Situation wären.
Auf das Gefühl der Angst reagiert der Körper sowohl hormonell als auch vegetativ. Die Hypophyse schüttet Stresshormone aus, dadurch steigt das Aufmerksamkeitslevel. Handlungen können dadurch schneller und effektiver ablaufen. Im basalen Vorderhirn wird zudem die Aufmerksamkeit und Erregung gesteigert. Und der Hirnstamm aktiviert das autonome System. Das führt zu Steigerung von

  • Blutdruck

  • Atemfrequenz

  • Herzschlagfrequenz

  • Muskelspannung

Der sogenannte Flucht- oder Angriffsmodus wird also aktiviert. Das bedeutet auch, dass die Schmerzwahrnehmung im Hirnstamm reduziert wird. Denn im Kampf oder auf der Flucht geht es ums Überleben. Die Information über einen schmerzenden Rücken oder Knie sind dann nicht Überlebens-relevant.
Gerade im Zusammenhang mit Rückenschmerzen relevant ist jedoch, dass auch neutrale Reize als bedrohlich erlernt werden können und damit langfristig Angst auslösen können. Wird beispielsweise eine Bewegung gleichzeitig oder kurz nach einem bedrohlichen Reiz in Verbindung mit einer Schmerzreaktion ausgeführt, kann die Angst, die durch die Schmerzreaktion ausgelöst wird, sich auf die Bewegung abfärben. Auch wenn die Bewegung nicht ursächlich für den Schmerz war, kann sie als bedrohlich abgespeichert werden.

In meinem Fall war bei meinem ersten Bandscheibenvorfall genau das passiert: Beim Ausräumen einer Tasche habe ich mich nach vorne unten gebeugt und zack, schoss es wie ein Blitz in den Rücken und ich konnte mich kaum noch bewegen. Ab dem Moment war für ich für Wochen, Monate eigentlich sogar 2 Jahre die Beugung nach vorne mit dieser Angst verbunden.
Genau hier steckt der Schlüssel im Umgang mit Schmerzen: der Schaltkreis der Angst.
Vereinfacht gesagt, gibt es hierbei zwei Wege:

  1. schnell, grob und fehleranfällig

  2. langsam, detailliert und analysiert

Start ist immer im Thalamus, dem Tor des Bewusstseins. Dieser Bereich des Zwischenhirns ist gewissermaßen die Schaltzentrale, in der die Informationen der Sinnesorgane verarbeitet werden. In Form von der groben Skizze werden die Informationen von dort an die Amygdala weitergeleitet. Auf diesem Weg erfolgt die schnelle Gefahrenreaktion und Angstreaktion. Im Zusammenspiel mit dem Hirnstamm werden automatische Verhaltensreaktionen ausgelöst und durch Prozesse in der Großhirnrinde wird Angst emotional erlebt.

Dieser schnelle, grobe und fehleranfällige Weg löst jedoch auch immer wieder falschen Alarm aus. Die Abkürzung ist eben oftmals „quick and dirty“, wie es der Wissenschaftler LeDoux nannte.
Im Gegensatz dazu gelangen die Informationen auf dem zweiten Weg vom Thalamus erst in den Cortex und dann zum Hippocampus. Und hier werden die Informationen analysiert und erst dann an die Amygdala weitergeleitet. So werden zum Beispiel in den sensorischen Arealen im Neocortex die Angstreize differenziert wahrgenommen und abgeglichen mit bereits erfahrenen und erlebten Informationen. Dabei werden auch Erinnerungen an bisher angstauslösende, bedrohliche und unangenehme Situationen mitbewertet. Im Hippocampus können zusätzliche Informationen zudem feiner differenziert werden und ein Reiz damit neu bewertet und zum Beispiel als nicht bedrohlich kategorisiert werden.

Dieser Weg kann doppelt so lange dauern im Vergleich zum direkten Weg zum Thalamus. Aber dieser Umweg kann sich lohnen. Denn wenn zum Beispiel Bewegungen und Alltagssituationen neu und mit zusätzlicher Information detaillierter bewertet werden können, lernt das Gehirn. Neue Verbindungen können sich aufbauen und das Gehirn baut sich um. Und damit auch die Schmerzreaktion.

In Bezug auf Bewegung und Schmerzen bedeutet das konkret:

  • taste dich behutsam an für dich angsteinflößende Bewegungen heran

  • mache sie ganz langsam

  • reibe oder klopfe die betroffene Stelle zuvor ab

  • unterstütze die Bewegung durch deine Hände, in dem du leichten Druck aufbaust und die Bewegung über die Hände führst


In meinem Fall war es die Vorbeuge, das nach vorne lehnen. Ich habe es Tag für Tag geübt und mich Stück für Stück meiner Angst gestellt. Zuerst habe ich nur eine Gable oder einen Löffel aus der Maschine genommen und mich dabei nach vorne gebeugt. Dann eine Tasse. Später ein paar Teller. Irgendwann machte es mir keine Angst mehr und ich habe bemerkt, dass ich es auch im Alltag immer häufiger angewandt habe.

Es ist wichtig, dass du dich abgeholt fühlst und den Personen vertraust, die dich in diesem Zusammenhang begleiten, sei es im Rahmen von Behandlung, Therapie, Training, Coaching etc. Denn neben Diagnose und Prognose ist es für dich vor allem entscheidend, welchen Einfluss du durch körperliche Aktivität und dein alltägliches Verhalten ausüben kannst.

Angst gilt per Definition als beklemmendes, banges Gefühl, bedroht zu sein. Damit ist es eine Reaktion des Nervensystems auf eine bedrohliche Situation. Sie zeichnet sich aus durch Vermeidungs- und Fluchtverhalten und oftmals sogar durch Abwehr.

Gefahr und Bedrohung wird in der Amygdala eingeschätzt und entsprechend eine Angstreaktion ausgelöst. Der Thalamus skizziert dabei die Situation und gibt damit eine Grobeinschätzung. Die detaillierte Analyse erfolgt über die langsamere Verbindung des Thalamus über den Neocortex und Hippocampus. Wenn du im Wald auf einen langen rundlichen Gegenstand trittst, ist die erste schnelle Reaktion das Ausweichen und Hochziehen des Beines. Erkennst du den Stock, beruhigst du dich wieder. Erkennst du eine Schlange, führt es zur Flucht oder zum Erstarren.
Dieses Beispiel macht deutlich, dass die automatischen Reaktionen und Verhaltensweisen unser Überleben sichern. In Deutschland wird die Reaktion bei einer Schlange zu dem anders ausfallen als in Australien – denn zusätzliche Informationen und Erfahrungen spielen eine wichtige Rolle. Da es in Deutschland kaum giftige Schlange gibt, wird unsere Angst geringer sein, als wenn wir in Australien in derselben Situation wären.
Auf das Gefühl der Angst reagiert der Körper sowohl hormonell als auch vegetativ. Die Hypophyse schüttet Stresshormone aus, dadurch steigt das Aufmerksamkeitslevel. Handlungen können dadurch schneller und effektiver ablaufen. Im basalen Vorderhirn wird zudem die Aufmerksamkeit und Erregung gesteigert. Und der Hirnstamm aktiviert das autonome System. Das führt zu Steigerung von

Was Du direkt umsetzen kannst:

  • Probiere und spiele mit einer Bewegung, die Dir Angst macht.

  • Variiere dabei die folgenden Aspekte:

    • in unterschiedlichen Geschwindigkeiten

      • sehr langsam

      • langsam

      • normal

      • schnell

      • sehr schnell

    • verbinde sie mit neuen Gerüchen, zum Beispiel

      • Zitrone

      • Lavendel

      • Kaffeepulver

      • Duftkerze

      • Parfum

    • in unterschiedlichen Umgebungen und Orten

      • Bad

      • Küche

      • Flur

      • Wohnzimmer

      • Schlafzimmer

      • Kinderzimmer

      • Balkon, Terrasse oder Garten

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