Rückenschmerzen im Alltag - Thema: Arbeit

Rückenschmerzen und Arbeit

Arbeit bestimmt einen großen Teil meines Lebens und Alltags. Und das genieße ich sehr, weil ich spannende Themen vorantreiben kann und dadurch von inspirierenden Menschen umgeben bin. Nichtsdestotrotz bedeutet Arbeit auch Stress, positiv wie negativ, körperlich wie mental. Und aus meiner Vergangenheit weiß ich, dass mir mein Rücken spätestens in Stressphasen zu verstehen geben wird, wo meine Grenzen liegen. Früher fand ich das belastend: Warum macht mir mein eigener Körper einen Strich durch die Rechnung? Warum kann ich nicht so lange durchhalten, wie ich will, was ich verlange oder will? Aber zwei Bandscheiben-Operationen gehen nun mal nicht spurlos an mir vorüber.

Mittlerweile bin ich dankbar dafür, dass mein Rücken als eine Art Stresswarnsystem funktioniert und mir sehr zu verlässlich mitteilt, wenn ich über meine Kapazitäten hinausgehe. Das zu erkennen und mir einzugestehen, war für erleichternd. Denn mittlerweile gestalte ich meinen Arbeitsalltag entsprechend. Wenn ich weiß, dass ich an einem Tag lange vor dem Rechner sitzen werde, überlege ich mir, wie ich das für mich individuell anpassen kann.

In diesem Beitrag geht es genau darum: Wie kannst du deine Arbeit entsprechend anpassen, sodass du auch mit Schmerzen und körperlichen Einschränkungen deine Arbeit bestmöglich ausführen kannst?
Manches mag dir bekannt sein, manches neu – das Wichtigste ist vor allem, dass du es ausprobierst und dir überlegst, was für dich passen könnte. Ich bin gespannt, was du für dich mitnehmen kannst.

Hintergrund

Schmerzen entstehen im Gehirn. Sie sind ein Warnsignal deines Körpers, dass etwas nicht in Ordnung ist. Die Gründe hierfür können vielseitig sein. Darauf bin ich in den letzten Newslettern immer wieder eingegangen. Hier kannst du das auch nochmal nachlesen.
Was meiner Meinung nach das Wichtigste ist im Umgang mit Schmerzen? Dein Körper braucht mehr Informationen, um die aktuelle Situation besser bewerten zu können. Momentan reagiert dein Gehirn und dein Nervensystem mit Schmerz, um dich zu warnen, weil es sich nicht sicher fühlt.

Ganz vereinfacht sind das die drei Aufgaben des Nervensystems:

  1. Es empfängt Informationen aus der Umwelt, indem wir hören, sehen, fühlen, schmecken und riechen. Wir nehmen unsere innere Umwelt, also Informationen aus dem Körper auf, unsere Temperatur, den Herzschlag, Blutdruck etc. und können unsere Körper- und Gliedmaßen im Raum wahrnehmen. All diese Reize und Sinneswahrnehmungen werden als eingehende Informationen an das Gehirn gesendet.

  2. Dort werden sie miteinander kombiniert, interpretiert und integriert.

  3. Daraus entsteht dann Output, meistens in Form von Bewegung. Es kann aber auch zu Anspannung, Verspannung oder zu Schmerz kommen.

Während sich viele Trainings- und Therapieansätze darauf fokussieren, das Endergebnis zu verändern oder die Verarbeitung im Gehirn – bin ich der Meinung, dass wir noch viel zu wenig davon wissen, was genau im Gehirn und im Nervensystem passiert. Stattdessen arbeite ich mit meinen Kundinnen daran, die Informationen, die vom Körper aufgenommen werden, zu verändern und zu verbessern. Je unterschiedlicher und vielseitiger diese Informationen sind, um so besser für dein Gehirn. Denn je mehr und je klarer diese Informationen an dein Gehirn gesendet werden, umso besser können sie verarbeitet werden.
Das ist wie mit einer Excel-Tabelle: Je mehr gute Daten in der Tabelle sind, um so besser kannst du diese Daten auswerten und ein Ergebnis erhalten.
Im Folgenden kommen also einige Tipps, die genau da ansetzen: Deinem Gehirn mehr Informationen zu liefern. Diese können dann besser kombiniert, interpretiert und integriert werden, um dann einen guten Output, ein gutes Ergebnis zu senden. Also im Idealfall keine Schmerzen, sondern freie und leichte Bewegung.

Wie du dich Stück für Stück an die Arbeit herantastest:

Wechsle häufig die Positionen beim Arbeiten.

  1. Versuche mit möglichst vielen Positionen zu spielen.
    Überschränke die Beine, setze dich aufrecht hin, lehne dich an, setz dich krumm hin, lehne dich zu der rechten oder linken Seite, nach vorne oder hinten. Es gibt nicht die eine richtige Sitzposition. Je unterschiedlicher du sitzt, um so besser. Denn dadurch werden unterschiedliche Körperstrukturen belastet und entlastet. Auch hier geht es um die dynamische Balance aus An- und Entspannung.

  2. Wechsle zwischen Sitzen und Stehen und Gehen.
    Und ja, das mag in manchen Jobs einfacher sein als in anderen. Dennoch kann jede:r versuchen, Abwechslung in den Berufsalltag einzubauen. Ich habe mir zum Beispiel angewöhnt, Erstgespräche mit Kund:innen nur noch telefonisch und beim Spazierengehen durchzuführen. Damit schaffe ich deutlich mehr Schritte und vor allem mehr Abwechslung im Arbeitsalltag. Wenn ich längere Texte schreibe, sitze ich am Schreibtisch mit großem Screen, wenn ich Mails beantworte, arbeite ich im Stehen. Wenn ich Projektskizzen mache, lümmele ich auf dem Sofa oder Sessel oder im Café. Für mich ist das die einfachste Variante, um regelmäßig und nachhaltig meine Arbeitssituation an unterschiedliche Positionen anzupassen.

  3. Entlaste immer wieder deinen unteren Rücken.
    Spätestens seit meinen Bandscheiben-Operationen bin ich sehr sensibel für langes Stehen und Sitzen. Für mich ein Game-Changer und alle meine Kund:innen wissen wovon ich spreche: Beckenmobilisation. Ehrlicherweise habe ich mir darüber vorher nie Gedanken gemacht, ob und wie ich mein Becken mobilisieren kann. Hat halt alles funktioniert. Long Story Short: Jede:r kann sein Becken mobilisieren und damit den unteren Rücken entweder be- oder entlasten.
    Hier ein Video dazu.

  4. Versuche herauszufinden, was für dich aktuell geht und was nicht.
    Denk daran, dass ist individuell und auch abhängig von deiner Tagessituation – wie gut hast du geschlafen, wieviel hast du gegessen, was ist dein Stresslevel, was ist aktuell beruflich und privat alles los?

  5. Schaffe im Alltag neue Bewegungsgewohnheiten.
    Das einfachste dafür ist der Klassiker: Bewege dich mehr. Das ist das wichtigste und effektivste Prinzip im Umgang mit Schmerzen. Denn Bewegungsmangel ist der zentrale gesundheitliche Risikofaktor. Und auch wenn ich mich wiederhole: Bewegung ist essenziell für den Erhalt und die Wiederherstellung deiner Gesundheit!

Was Du direkt umsetzen kannst:

Immer wieder habe ich mit meinen Kund:innen die Diskussion, wie man das aber gerade bei der Arbeit realistisch umsetzen kann. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass das manchmal herausfordernd sein kann. Daher hier mal ein paar Inspirationen, was du umsetzen kannst.

  • Steigere deine Aktivitätszeit – Beweg dich!

Die Klassiker wie der Weg zur Arbeit, zum Dinner, zum Einkaufen – versuche so viel und oft wie möglich zu Fuß zu gehen.

  • Reduziere Inaktivität – Steh auf!

Sitze und verharre so wenig wie möglich in derselben Position. Besonders bei der Bildschirmarbeit ist es notwendig, immer mal neue Positionen einzunehmen: Für deine Augen, deinen Kopf und gesamten Körper.

  • Optimiere deine Beweglichkeit – Verdreh dich!

Das Gefühl im eigenen Körper gefangen zu sein, liegt oft daran, dass der Schwingradius elastischer Elemente der Muskulatur und Kapsel-Sehnen-Bandapparaten der Gelenke zu wenig und einseitige Informationen bekommen und entsprechend in ihrer Funktion eingeschränkt sind. Hier auf neuromuskulärer Ebene anzusetzen, kann bedeuten: Nimm alle möglichen Gelenkpositionen ein. Verdrehe Körper, Wirbelsäule, Kopf, Handgelenke, Knie, Hüfte, Becken, Sprunggelenke, Augen, Zunge. Je vielseitiger du dich bewegst, je mehr Variationen, je mehr Kombinationen um so besser.

  • Verbessere deine Koordination – Spiele oder tanze!

Wusstest du, dass koordinative Leistungsfähigkeit die Grundlage für Bewegungsvielfalt im Kindes- und Jugendalter ist und im Altersverlauf Bewegungssicherheit gibt? Und wann hast du das das letzte Mal in deinem Alltag berücksichtigt? Deine Sinnesorgane und dein Gehirn bilden dabei die Basis für koordinative Bewegungen und das verbessert dann die Leistungsfähigkeit deines Gehirns – was für deine Arbeit ideal ist. Am einfachsten ist es, rhythmische oder komplexe Bewegungen auszuführen. Lerne beispielsweise eine neue Sport- oder Tanzart.

  • Steigere deine Selbstwirksamkeit – Vertrau deinem Körper!

Du hast bereits alles in deinem Körper, was du brauchst. Du kannst dich bewegen und arbeiten. Bewegungskompetenz ist dir angeboren und darauf kannst du immer wieder zurückgreifen. Dir das bewusst zu machen, ist essenziell.

  • Entlaste deine Augen – Schau in die Ferne!

Da die Spannung der Nacken- und Rückenmuskulatur direkt von deinen Augen abhängt, führt viel Bildschirmarbeit automatisch zu hoher Muskelspannung. Über unterschiedliche Reflexe wird nämlich in Abhängigkeit von der Augenposition, der Kopfposition und damit der Gleichgewichtsorgane die Körperposition eingenommen, die für deinen Körper am wenigsten anstrengend ist. Wenn du viel vor dem Bildschirm arbeitest, sind deine Augenmuskeln dauerhaft angespannt. Das ist, als ob du deinen Bizeps dauerhaft anspannst. Das würde auch schnell zur Ermüdung und zum Brennen des Bizepses führen, dein Rücken würde anspannen und dein Körper könnte mit Schmerzen reagieren. Teste, wie es sich anfühlt, wenn du zwei Minuten in die Ferne schaust. Idealerweise schaust du dabei in die Natur, auf einen Baum zum Beispiel, oder eben auf einen Gegenstand der weit entfernt ist von dir. Versuche diesen Gegenstand für zwei Minuten zu fixieren und atme entspannt weiter durch die Nase ein und aus. Alternativ kannst du auch abwechselnd die Nah und Fernsicht trainieren, in dem du Augenliegestütze machst. Siehe unten Übung des Monats.

  • Atme tief ein und aus – Durch die Nase!

Zuletzt die meiner Meinung nach wichtigste und einfachste Möglichkeit, deinem Körper etwas Gutes zu tun: Achte auf deine Atmung und nutze sie bewusst. Durch verbesserte Atmung kannst du jede Zelle in ihrer Funktion zu verbessern. Eine Optimierung der Sauerstoffversorgung im Gehirn führt zu erhöhter Aktivität und Integration der eingehenden Informationen und gleichzeitig zu verbesserter Durchblutung. Eine simple Option: Leiteratmung. Lege deine Hände auf den Bauch und atme 2-3 Atemzüge in den Bauch. Dann legst du die Hände auf deine Rippenbögen und atmest 2-3 Atemzüge in die Rippenbögen. Anschließend legst du deine Hände auf den Brustkorb und atmest 2-3 Atemzüge in den Brustkorb. Das trainiert die Atem- und Atemhilfsmuskulatur, baut Verspannungen entlang der Wirbelsäule ab und hilft dir, eine aufrechtere Körperposition einzunehmen.

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Rückenschmerzen, Gleichgewicht und Stehen

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