Rückenschmerzen und langes Stehen

Rückenschmerzen und langes Stehen

Was macht deine Körperhaltung aus?
Unsere Körperhaltung ist vor allem abhängig von unserem Gleichgewicht. Es beantwortet die Frage wo ist oben und in welche Richtung bewegen wir uns. Entsprechend richtet sich unser Körper im Raum aus. Dabei gilt es zu unterscheiden zwischen Gleichgewichtssinn und Balancefähigkeit.
Der Gleichgewichtssinn ermöglicht es dem Körper, sich gegen die Schwerkraft aufzurichten. Dies geschieht durch das Erkennen und Korrigieren von Bewegungen. Dafür verantwortlich sind hauptsächlich die Streckmuskeln. Die Rückenstrecker übernehmen hier einen großen Anteil der Arbeit. Beispielsweise dann, wenn du über eine Kante stolperst und deine Rückenmuskeln sofort anspannen, um dich vor dem Sturz zu schützen.

Die Balancefähigkeit erlaubt es uns, unseren Körperschwerpunkt über der Standfläche zu stabilisieren. Je kleiner die Standfläche, umso schwieriger wird es, die Balance zu halten. Das ist der Grund, warum du im engen Stand, mit beiden Füßen aneinander eher ins Schwanken gerätst, als wenn du deine Füße etwa schulterbreit auseinanderstellst.
Dein Gleichgewicht ist das dynamische Zusammenspiel von Gleichgewichtssinn und die Balancefähigkeit. Entsprechend deines Alltags, deiner Bewegungen, deiner ganz individuellen Belastungen passt dich dein Körper auf deine Bedürfnisse an.
Du kannst dementsprechend nicht richtig oder falsch Stehen.

Es geht immer darum, dass du deinem Körper und Nervensystem viele Informationen bietest, die das Gehirn integrieren und interpretieren kann und dein Körper dann entsprechend mit einer guten Bewegung oder eben Körperhaltung reagieren kann. So einfach ist das in der Theorie. Und so einfach ist das in deinem Alltag.

Der Schlüssel dazu ist, deinem Nervensystem wieder mehr und vor allem neue Informationen zu liefern. Diese neuen Informationen werden dann miteinander verbunden und ausgewertet und entsprechend verbessert sich deine Körperhaltung und Bewegung.#

Dabei gibt es immer eine physiologisch optimale Grundposition des Körpers im Stehen. Sicherlich sagt dir die Beschreibung der natürlichen Doppel-S-Schwingung der Wirbelsäule etwas. Eigentlich ist der Begriff Wirbelsäule irreführend, weil dabei viele an eine Feste massive Säule denken, die den Anforderungen und Stressoren des Alltags standhalten sollen. Dabei handelt es sich um eine in sich flexible und bewegliche Konstruktion aus einzelnen Wirbelkörpern, die durch Bandscheiben eine Pufferzone besitzen und über die Facettengelenke miteinander verbunden sind.

  • Umgeben von Bändern und Sehnen ist sie beweglich, kann sich beugen und strecken, zur Seite neigen und rotieren – und das sogar in unterschiedlichste Richtungen.

  • Während du deine Kopf nach rechts drehst, kannst du deine Brustwirbelsäule und Lendenwirbelsäule nach links drehen.

  • Du kannst sogar die drei unterschiedlichen Etagen entgegengesetzt rotieren: Die Halswirbelsäule nach rechts, die Brustwirbelsäule nach links und die Lendenwirbelsäule wieder nach rechts. Du kannst damit spielen und Seitneige und Beugung und Streckung und Rotation in allen erdenklichen Varianten miteinander kombinieren.

Dadurch trainierst du vor allem die Muskeln, die zwischen den einzelnen Wirbelkörpern die Facettengelenke miteinander verbinden. Viele dieser tieferliegenden Muskeln werden nämlich erst durch die Kombination der Bewegungen miteinander aktiviert. Das führt langfristig zu mehr Bewegungskompetenz und damit zu weniger Verspannungen und Schmerzen.


Stell dir das vor wie in einem großen Betrieb: wenn 4 Mitarbeiter alle Aufgaben erledigen müssen, sind diese schnell überlastet und können verspannen. Das kann dauerhaft zu Schmerzen führen. Verteilt man die Arbeit statt auf 4 Mitarbeiter auf 20 Mitarbeiter, können diese sich abstimmen und effektiv und effizient zusammenarbeiten. Jeder übernimmt einen Teil der Aufgabe und die Überlastung hebt sich auf.
So ist es auch mit den Muskeln am Rücken. Wenn die kleinen tieferliegenden Muskeln wenig beansprucht werden, übernehmen die Rückenstrecker, die rechts und links entlang der Wirbelsäule verlaufen. Diese kennen viele als „brennende Stränge“ am Rücken. Und genau diese können entlastet werden durch das Training und bewegen und entdecken aus kombinierten Bewegungsabläufen. Dann aktivieren sich nicht mehr vorwiegend die Rückenstrecker, sondern die gesamte Rückenmuskulatur.

Meinen Kund:innen empfehle ich oft, jeden morgen und jeden Abend 2 Minuten mit unterschiedlichen Positionen zu spielen. Ob man sich dazu Musik anmacht und durch die Wohnung tanzt oder ganz technisch unterschiedliche Positionen durchgeht, ist dabei Geschmacksache.
Hier also nochmal die Bewegungen:

  • Beugung

  • Streckung

  • Seitneige nach rechts

  • Seitneige nach links

  • Rotation nach rechts

  • Rotation nach links

Am beste du kombinierst alle Positionen dynamisch miteinander. Und genau diesen Ansatz überträgst du auch auf das Stehen. Achte dabei darauf, deine Augen auch in die jeweilige Richtung mitzubewegen. Unterschiedliche Reflexe sorgen nämlich dafür, dass die Bewegung der Augen die entsprechende Rückenmuskeln aktiviert. Vereinfacht gesagt:

  • Blick nach rechts aktiviert Rotation nach rechts

  • Blick nach links aktiviert Rotation nach links

  • Blick nach oben aktiviert Streckung nach oben

  • Blick nach unten aktiviert Beugung nach unten

Teste das einfach mal selber aus, wie es sich anfühlt, wenn die Augen die Bewegung vorgeben und wenn du die Augen einfach in der Mitte lässt. Die meisten werden einen deutlichen Unterschied spüren.

Was bedeutet dynamisches Stehen?
Darunter versteht man die Abwechslung aus unterschiedlichen Standpositionen. Statt die ganze Zeit möglichst aufrecht zu stehen, spiele mit unterschiedlichen Schrittpositionen und Wirbelsäulenpositionen. Streiche folgende Klischees aus deinem Kopf: Du darfst nicht ins Hohlkreuz gehen, du musst immer aufrecht stehen, einen Rundrücken zu machen ist schlecht. Entschuldige die Wortwahl, aber das ist Bullshit. Alle Positionen, die dein Körper einnehmen kann, sind gut und haben ihre Berechtigung. Nur dein Körper weiß, was gut ist für ihn, lass dir von niemandem etwas anderes erzählen, weder von Ärzt:innen, Therapeut:innen, Trainer:innen, Heilpraktiker:innen noch anderweitigen Expert:innen. Du hast einen robusten Körper und Rücken, der auf Bewegung und Belastung ausgelegt ist. Unser Körper brauch diese Dynamik, die Wirbelsäule und besonders die Bandscheiben brauchen besonders Druckbe- und Entlastung, um dauerhaft belastbar zu bleiben.

Wie bringst du Dynamik ins Stehen?
Passe deine Schrittpositionen an. Durch unterschiedliche Schrittpositionen veränderst du die Auflagefläche deines Körpers und damit die Balancefähigkeit seines Körpers. Je enger dabei deine Füße zusammenstehen, umso geringer die Auflagefläche und umso mehr Körperspannung. Je breiter du dich hinstellst, umso größer die Auflagefläche und so weniger Anspannung ist nötig. Das kannst du nutzen, um bei längeren Stehphasen die Intensität anzupassen. Hier sind ein paar Ideen:

  • Beide Füße parallel eng nebeneinander

  • Beide Füße breit parallel nebeneinander

  • Schrittposition eng

  • Schrittposition weit

  • Gewicht auf die rechte Seite verlagern

  • Gewicht auf die linke Seite verlagern

  • Auf das rechte Bein stellen

  • Auf das linke Bein stellen

  • Als Steigerung kannst du dann auch noch mit Innen- und Außenrotation deiner Beine spielen, aber dazu in einem späteren Newsletter mehr


Eine weitere Option, um dein Stehen dynamischer zu gestalten, ist deine Beckenposition bewusst zu verändern:

  • Becken nach vorne ins Hohlkreuz kippen

  • Becken nach hinten in einen Rundrücken kippen

  • Becken nach rechts zum Rippenbogen ziehen

  • Becken nach links zum Rippenbogen ziehen

  • Becken in alle vier Richtungen kreisen

Achte dabei auf deine Atmung. Atme entspannt und gleichmäßig durch die Nase ein uns aus. Versuche dann ein paar Atemzüge in den Bauch, dann in die Rippenbögen und abschließend in den Brustkorb. Dadurch werden nochmals mehr Muskeln intensiver aktiviert. Und wie du weiß – mehr Informationen, bessere Verarbeitung, besserer Output, weniger Schmerzen.

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Neurozentriertes Training - So trainierst du Gleichgewicht und Stabilität.

Was Du direkt umsetzen kannst:

  • Um mehr Dynamik in dein Stehen einzubauen kannst du folgendes anpassen:

  • Schrittposition anpassen

  • Beckenposition anpassen

  • Augenposition anpassen

  • Wirbelsäulenposition anpassen

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Rückenschmerzen im Alltag - Thema: Laufen

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